Für Kölns Gastwirte ist die Pandemie bekanntermaßen eine Katastrophe. Kaum ein anderer Wirtschaftszweig leidet so sehr unter notwendigen Einschränkungen zur Bekämpfung des Infektionsgeschehens.
Umsätze brachen ein, Personal wanderte ab, Betriebe mussten schließen. Dies ging nicht unbemerkt an der Politik vorbei, verschiedene Hilfsprogramme wurden entwickelt. Auf kommunaler Ebene ist die Ausweitung der Außengastronomieflächen ein sehr wirksames, und von den Gastwirten geschätztes Instrument um die Umsätze etwas stabilisieren zu können.
Denn die Außengastronomie war in den vergangenen zwei Jahren weniger von Einschränkungen betroffen, als der Verzehr von Speisen und Getränken in Innenräumen. Dies hat seinen Grund im geringeren Infektionsrisiko an der frischen Luft.
Eine Besonderheit stellt die Möglichkeit der Ausweitung der Gastro-Flächen auf Parkplätze im “öffenlichen Straßenland” dar. In Köln können (unter bestimmten Voraussetzungen) auf Antrag der Gastwirte Parkplätze in Gastronomieflächen gewandelt werden. Dies war und ist ein sehr sympathisches Mittel den Gastwirten zu helfen – sind drei Kaffeehaustische im Strassenbild auch schöner als ein dicker SUV …
Für solch besondere Außengastronomie-Flächen fällt natürlich eigentlich eine Sondernutzungsgebühr an, aber die Stadt verzichtete zum Wohle der Wirte in den Pandemie-Zeiten darauf.
Nun weiß jedoch niemand wie lange die Pabdemie dauert, und wie lange die Wirte diesen Support brauchen. Eigentlich sollten Parkplatzflächen und Gebührenbefreiung zum 31. Dezember 2021 wegfallen. Doch die Stadt stellt diese Flächen (auf Ratsbeschluss Mitte 2021) nun auch in 2022 zur Verfügung. Nur die Gebühren will sie aber wieder erheben. Dem Vernehmen nach geht es um insgesamt rund 300.000 Euro, die sonst dem städtischen Haushalt fehlen würden. Das Mehrheitsbündnis aus Grüne/CDU/Volt trägt diese Linie bislang mit.
Ein eigenartiger Move, denn die Pandemie ist ja noch nicht vorbei. Es geht dabei ja nicht nur um die finanzielle Entlastung der Gastwirte, sondern auch um das berechtigte Anliegen möglichst viele Außengastronomieflächen zu schaffen, da, wir erinnern uns: Außen sicherer als Innen. Wenn wir nun wieder Gebühren in voller Höhe erheben (es geht schnell um einige hundert Euro), kann dies Wirte abschrecken solche Flächen zu beantragen. Und uns stehen diese dann nicht nur zur Verfügung.
Und nun?
Bereits im vergangenen Herbst versuchten Die Linke und ich mit separaten Anträgen die Wirte von diesen Gebühren zu befreien, beziehungsweise diese zu reduzieren. Doch Grüne/CDU/Volt lehnten ab.
Jetzt, da die Gebühren wieder wirksam werden, griff die Presse das Thema wieder auf. Die Empörung war groß und führte zu drei aktuellen Anträgenfür die Ratssitzung am 3. Februar.
Knapp zusammengefasst:
- SPD/FDP/LINKE/Klimafreundin fordern auch 2022 komplett auf diese Gebühren zu verzichten.
- Grüne/CDU/Volt wünschen eine Strategie und fordern diese Sonderflächen bis Ende 2023 zur Verfügung zu stellen. Zu den Gebühren äußern sie sich nicht, sie wollen es offensichtlich dabei belassen.
- Mein Änderungsantrag fordert in Ergänzung zum Grüne/CDU/Volt-Antrag die Sondernutzungsgebühren um 50% zu senken.
Mein Antrag ist ein klassischer Kompromißvorschlag. Zum Einen sehe ich keine Mehrheit für eine komplette Gebührenbefreiung (sonst hätte das Mehrheitsbündnis von Grüne/CDU/Volt dies in ihrem Antrag drin). Zum Anderen ist der monetäre Aspekt hinsichtlich des städtischen Haushaltes nicht ganz von der Hand zu weisen. Doch wenn die Außenflächen ausgeweitet werden, erhöhen sich ja auch die Einnahmen. Da sollte eine Reduzierung um 50% für den Haushalt verkraftbar sein!
Fazit 1
Es sind beginnende (Landtags-) Wahlkampfzeiten in Köln, da machen sich bei einem solch emotionalen wie populären Thema Geschenke an Kölns Gastwirte immer gut. Kein Wunder also, dass SPD, FDP und LINKE mit aufspringen.
Umso erstaunlicher das Grüne und CDU hier bei einer vergleichsweisen geringen Summe (300.000 Euro) nicht mitziehen. Warum? Das Mehrheitsbündnis trägt nicht nur die Last der Verantwortung für den städtischen Haushalt, sie haben ihn ja so beschlossen, möglicherweise gibt es einen anderen Grund: Kölns Kämmerin Professorin Dr. Dörte Diemert ist auf Vorschlag der Grünen zur Stadtkämmerin gewählt worden. Und wenn sie Nein zur Gebührenbefreiung sagt, fallen ihr die Grünen natürlich nicht gerne in den Rücken.
Fazit 2
Wenn Clubs, Kneipen und Restaurants auch ein Teil unserer Kultur sind, sind diese kulturelle Einrichtungen diejenigen mit den höchsten Besucher*innen-Zahlen in Köln. Diesen Kulturzweig zu hegen und zu pflegen muss mit ein städtisches Anliegen sein. Clubs- und Kneipensterben haben wir auch ohne Pandemie schon genug. Zumal wir hier mit einer Reduzierung der Gebühren auch sinnvolles Instrument zur Pandemiebekämpfung in der Hand haben.
Kölns Gastwirte können mächtig trommeln. Manchmal wünsche ich mir aber auch, dass andere, manchmal wichtigere Themen derart wahrgenommen werden wie die Anliegen unserer Wirte.
Funfact am Rande: Das die Parkplätzflächen auch in 2022 den Gastwirten zur Verfügung stehen, ist auf einen Antrag unserer ehemaligen Ratgruppe GUT zurückzuführen. Wir hatten dies auf der Ratssitzung am 24. Juni 2021 unter TOP 3.1.7 beantragt, freilich auch mit einer Gebührenbefreiung. Dieser Passus wurde auf Antrag der Grünen jedoch gestrichen.
Auszug aus dem Wortprotokoll (Seite 15 im PDF), Hervorhebungen durch mir:
“Derya Karadag (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Wir alle freuen uns über das neu gewonnene gastronomische Außenflächenangebot. Insbesondere auf Parkplätzen sitzen wir ganz gerne.
Um die Gastronomie auch weiterhin zu unterstützen und ihr Planungssicherheit zu geben, möchten wir die Sondergenehmigungen auch über dieses Jahr hinaus bis Ende 2022 verlängern, wie die BV 1 das bereits beschlossen hat.
Auch die temporären Erweiterungen sind weiterhin schnell und unkompliziert zu ermöglichen.
Einen Gebührenerlass möchten wir aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht beschließen. Mit Blick auf die pandemische Lage und auch auf unsere Haushaltslage in der Kommune möchten wir dieses noch nicht abschließend entscheiden. Ich schaue die Kämmerin an.
Aus diesem Grund bitten wir, folgenden Änderungsantrag zu beschließen:
Der letzte Satz im Beschlusstext wird anteilig gestrichen. Es entfällt der erste Teil, nämlich „Gebühren für die Sondernutzung fallen nicht an und“.
Wir bitten, diesem Änderungsantrag zuzustimmen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)”
Wie oben erwähnt: Bereits stellten am 9. November 2021 LINKE und ich erneut zwei Anträge zum Thema. Nachzulesen im Wortprotokoll unter TOP 3.2.4 auf den Seiten 44ff im hier verlinkten PDF.
Auffällig: Weder die Fraktionen von GRÜNE/CDU/SPD/FDP/VOLT/Die FRAKTION nahmen damals an der Debatte teil …